Der Osterhase




Die Wiese liegt in tiefer Ruh, warm deckt der weiße Schnee sie zu,
bis dann der Frühling kommt und lacht und alles wieder froh erwacht.
Die Blümlein wagen sich hervor, erst einzeln, dann im ganzen Chor
ertönt's: Ihr Hasen, seid bereit, es naht die frohe Osterzeit




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Herr Lampe ist aufgewacht, und nun, aus seiner Ruh' gebracht,
hat er zum Fenster hingeschaut. Was ist denn das?", so ruft er laut.
Ist es denn wirklich schon so weit? Ach, wir verschliefen wohl die Zeit!
Man rüstet sich schon zu der Feier, und wer sorgt für die Ostereier?
Sie brauchen vielerlei dafür, und tragen alles vor die Tür,
und schon nach kurzer Zeit ist dort der Arbeitsplatz bereit.


Herr Lampe schaut durch seine Brille, es herrscht jetzt aufmerksame Stille,
die Hasenkinder stören nicht, weil Vater Lampe ernsthaft spricht:
"Samtohr, du musst zum Dachsbau laufen, um neue Pinsel einzukaufen.
Du, Zitternäs'chen wäschst am Bach die alten Pinsel aus dem Fach.
Stups muss auf leisen Hasensohlen die Eier von den Hühnern holen.
Langlöffel, nimm alle Farbentöpfe mit und lauf mit schnellem Hasenschritt
zu meinem guten Freunde hin, sag', dass ich sehr in Eile bin."



Langlöffel gibt die Hasenpfote: "Papa, ich folge dem Gebote",
eilt durch das Tal, so schnell er kann, steigt über sieben Berge dann.
Aus vielen zarten Blumenköpfchen wählt sich Langlöffel nun ein Tröpfchen,
um Ostereier anzumalen. Er braucht nicht einmal zu bezahlen.
Schnell packt Langlöffel alles ein, er muss doch bald zu Hause sein!
Er dankt dem holden Frühlingskind, dann eilt er ebenso geschwind,
wie er gekommen ist, zurück. "Du bist schon da? Oh welch ein Glück!"


Herr Lampe schaut die Farben an. "Was ist denn das?" so ruft er dann,
"Langlöffel, komm' doch einmal her, der eine Farbentopf ist leer,
es fehlt, ich prüfte es genau, die Lieblingsfarbe: Himmelblau!"
"Ach, ich vergaß sie aus Versehen, ich glaub', nur so ist es geschehen!"
Langlöffel ruft: "Ich habe Mut, es wird schon alles wieder gut,
ich will den Frühling suchen gehen, ich finde ihn, ihr werdet's sehen."

 


Langlöffel eilt durch Feld und Flur, wo findet er den Frühling nur?
Bei jedem Käfer bleibt er stehen: "Hast du den Frühling nicht gesehen?"
"Er war schon hier, ist wieder fort, es grünt und blüht an jedem Ort."
"Oh ja, es ist jetzt schön auf Erden, es muss doch aber Ostern werden,
was sollen denn die Kinder denken, wenn wir nicht bald die Eier schenken?"
 
 


Was sieht der kleine Osterhase? Wer sitzt im grünen frischen Grase,
umfächelt von dem sanften Wind? Das liebe kleine Frühlingskind!
Langlöffel ruft; "hilf mir aus der Not, das Osterfest ist sonst bedroht;
das Unglück ist kaum zu ermessen, ich habe Himmelblau vergessen!
Hast du ein Blümlein noch bei dir? Du lieber Frühling, gib es mir!"
Der Frühling spricht: "Du kommst erst heut? Jetzt hab' ich alles schon verstreut.
Das grüne Pflänzchen hier allein, das kann noch deine Rettung sein!"
Zwei Sternchen, strahlend himmelblau! Der Frühling sagt: "Langlöffel, schau,
es neigt das zarte Blütenköpfchen und schenkt dir gern ein kleines Tröpfchen." 


Die Hasen fragen sich seit Stunden: "Hat es den Frühling wohl gefunden?"
Da kommt Langlöffel angeholpert, er rennt so schnell, dass er fast stolpert.
"Ich hab's, ich hab's, es ist schon hier, der liebe Frühling gab es mir!"
Die Arbeit geht sehr flott voran, ein jeder zeigt jetzt, was er kann.
Wie sie nun da im Grase hocken, da läuten schon die Osterglocken:
"Ihr Hasen, macht euch jetzt bereit, versteckt die Eier, es ist Zeit!"

 


Dann haben sich in klarer Nacht die Hasen auf den Weg gemacht,
ganz leis, dass man sie nicht entdeckt, wird jedes bunte Ei versteckt.
"Nur fort gleich sind die Kinder da, und überall, von fern und nah,
hört man sie jubeln, staunen, lachen, sie finden all die leckern Sachen.
"Hier liegt noch eins, und da und dort", so rufen sie nun immerfort.
"Sehr nur, das himmelblaue hier gefällt am allerbesten mir",
so sagt vergnügt die blonde Liese und springt und tanzt auf grüner Wiese.
Dann ruft sie laut zum nahen Wald, dass es zum Vater Lampe schallt:
"Herr Has', die Eier sind ganz prächtig, wir danken dir und freu'n uns mächtig!"





Der hellen Stimme froher Ton ist Vater Lampe schönster Lohn.
Das Osterfest ist gut gelungen, berichten auch die Hasenjungen.
Dann sind sie müde, geh'n zur Ruh und schließen ihre Augen zu.
So schlafen sie, warm zugedeckt, bis Schneeglöckchen sie wieder weckt.